Reikas Büro

Reika ließ die Worte geduldig auf sich ein rieseln und äußerte anschließend ihre ehrliche Freude für Rin und über die Rückkehr Shinjis. Gleichzeitig hatte aber auch sie etwas zu berichten und brachte dies mitunter als Grund dafür an, warum sie nicht viel von dem geschafft hatte, was sie eigentlich hätte erledigen sollen. Schon allein die Tatsache, dass Reika von „auch ein Teil deiner Familie“ sprach ließ sie ein paar Mal irritiert blinzeln, doch als sie erklärt bekam, was sich dahinter verbarg, klappte ihr die Kinnlade herunter. „Wie jetzt …?“, entgegnete sie überaus geistreich ohne großartig darüber nachzudenken. „Schwester … du … deine Schwester …?“ Die Sprachlosigkeit stand der Schwarzhaarigen eindeutig ins Gesicht geschrieben. Sie hatte immer gedacht Reikas Familie wäre tot. Mehr als das … sie hatte immer gedachte Reika wäre ein Einzelkind gewesen. Und soweit sie sich erinnerte hatte Reika das auch immer geglaubt. „Okay, Süße! DIESE Geschichte musst du mir erzählen. Sofort, los!“, forderte sie ihr Gegenüber auf und sah ihr dabei fest in die Augen. Alles andere war gerade vollkommen unwichtig geworden. Sowohl die Tatsache, dass es bereits unglaublich spät war, noch die, dass sie eigentlich einen etwas detaillierteren Bericht der Quest abgeben musste oder gar die, dass sie hier im Büro herumstanden, während anderswo eigentlich ein gemütliches Bett auf sie wartete. Im Zentrum dieser Stunde stand für Rin nun ganz eindeutig die Geschichte um Reika und ihre Schwester.

Aufmerksam lauschte Rin den Worten ihrer Verlobten, darauf gespannt, was diese zu berichten hatte. Sie hatte also eine Schwester von der sie selbst nichts hatte wissen können, weil ihr Vater sie noch vor Reikas Geburt weggeben hatte, weil er sie als schwach erachtet hatte. Ungläubig schüttelte Rin langsam den Kopf. Sie wurde als Forschungsobjekt genutzt? Wie grausam die Menschen doch sein konnten. Und einmal mehr war Rin froh darum, eine vergleichsweise erfüllte Kindheit gehabt zu haben. Als Reika dann davon berichtete, ihre Schwester hätte einen komplizierten Charakter und würde mit Rins Umarmungen wohl vorerst nicht zurechtkommen, lachte diese leicht auf. Zwar war der Inhalt der Woche Reikas ein ernster, doch gleichzeitig wirkte sie so unglaublich glücklich über diese ganze Situation, dass Rin nicht umhin kam, ihr ein großes, breites Lächeln zu schenken und ihr dann einen sanften Kuss auf die Lippen zu geben. „Ich freue mich so unglaublich darüber, dass du deine Schwester kennenlernen durftest. Und ich bin bereits sehr gespannt darauf, sie irgendwann einmal kennen zu lernen.“ Dass es hin und wieder Leute gab, die mit der direkten, stürmischen Art der Eismagierin nicht unbedingt gut umgehen konnten war sie bereits gewöhnt, weshalb sie sich auch keinster Weise gekränkt fühlte. Als Reika dann davon berichtete, dass der Gildenmeister von Raging Fenrir und eine seltsame Frau da gewesen wären, legte Rin kurz ihre Stirn nachdenklich in Falten. „Mh. Shinji hat auch etwas Seltsames erzählt. Aber ich denke es wäre das Beste, wenn er dir davon morgen selbst berichtet.“ Sie griff nach Reikas Hand und zog sie hinter sich her, wobei sie in einer fließenden Bewegung das Licht auf dem Schreibtisch ausknipste. „Und nun gehen wir schlafen, mein Sonnenschein.“ Es war zwar ein Kichern im Anschluss zu hören, doch gleichzeitig sprach Rin den letzten Satz mit vollem Ernst aus. Reika hatte gegähnt und das war ein ganz eindeutiges Zeichen dafür, dass es Zeit war das Schlafzimmer aufzusuchen.

tbc: Reikas Zimmer

CF: Vor dem Gildengebäude

Yurick war durch die gesamte Gildenhalle geschlichen... es war praktisch, dass er so unauffällig auf die meisten Leute wirkte und so ungefährlich und unscheinbar wirkte... eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit, da er so in der Masse der Mitglieder von Graceful Tiger unter gegangen war und ihn niemand bemerkt oder angesprochen hatte... manchmal war diese Eigenschaft nervig, doch in den meisten Fällen war Yurick sehr dankbar, dass er diese Fähigkeit hatte.
Zögerlich klopfte er nun an die Bürotür der Gildenmeistern... nun zumindest ging er davon aus, dass es ihre Tür war. Nachdem er das getan hatte, atmete er stockend durch und dachte sich, mit geschlossenen Augen: "Hoffentlich guckt sie mich nicht böse, bitte bitte, sie darf mich nicht böse ansehen..."

Yurick zögerte, als man ihn herein bat... Reika, die Gildenmeisterin von Graceful Tiger, sah ihn höflich an, als er eintrat und dabei am liebsten in den Boden versinken würde. Yurick starrte auf den Boden, er traute sich nicht Reika anzusehen. Sie war doch eine... imposante Ansehnlichkeit, wie Yurick das so vernahm, als er einen flüchtigen Blick auf sie erhascht hatte...
Einfach nur die ganze Sache... ganz schnell hinter sich bringen, war das Motto für den Eismagier. Deswegen fing er leise an zu stammeln gerade so hörbar, während er seinen Füßen Aufmerksamkeit schenkte: "Ich.. bin... Yurick... ich... möchte... der... Gilde... beitreten..." Jetzt hieß es nur noch, nicht gefressen werden, von der starken Frau, die Yurick gegenüber stand. Er hatte nun mal einfach nur schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht, weshalb er keinen Unterschied machte. Das Reika Kinoshita, Gildenmeister von der Gilde Graceful Tiger, eigentlich eine sehr nette und umgängliche Person war, musste er halt noch lernen.

Kurz nachdem Yurick erklärte hatte, was er von Reika wollte, bemerkte er das kleine Mädchen und wenig später kam noch ein Vertreter des männlichen Geschlechtes in den Raum, ein Mann mit blonden Haaren. Immerhin war er jetzt nicht mal allein mit der Gildenmeisterin, vor der er schon ziemlich viel Respekt und Angst hatte... wenigstens ein kleiner Trost. Deswegen sah Yurick schon nicht mehr ganz so verstört aus und konnte wenigstens seinen Blick vom Boden abwenden.
Das Mädchen fragte Reika, ob sie noch einmal in die Stadt gehen durfte, Reika hatte keine Einwände...
Trotz ihres bedrohlichen Äußeren, immerhin hatte sie flammenrote Haare, schien sie freundlich zu sein und sie nahm Yurick ohne zu zögern in die Gilde auf. Das Formelle würden sie später erledigen, da sie aktuell im Stress war... das kam ihm nur recht. Er sollte überlegen wo er das Gildensymbol haben wollte... es wäre dann wohl eine Art Stempel, hatte er gehört. So was gab es ja bei Shining Falcon nicht. "Auf... den linken Oberarm, in die Nähe der Schulter... in hellblau", murmelte Yurick und legte seinen Oberarm frei, sodass Reika dort das Zeichen setzen konnte.
Nachdem er das Zeichen bekommen hatte... ging Yurick so schnell er konnte aus dem Büro hinaus. Reika wollte ja noch mit dem Blonden reden und zudem war Yurick einfach nur froh, dass er das hier überstanden hatte... beziehungsweise überlebt.

cf: Quest

Es kam selten vor, dass Rin nicht wohl dabei war, nach Hause zu kommen. Normalerweise hatte sie stets ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht, wenn sie von einer Quest kam und in ihre geliebte Gilde zurück kehrte. Doch heute war das anders, denn sie wusste, dass etwas fehlen würde. Seit Rin mit Shinji zu der Quest aufgebrochen war, war mittlerweile eine Woche vergangen, in der die Eismagierin verzweifelt nach dem Verbleib ihres besten Freundes Ausschau gehalten hatte. Vergebens. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass er von allein verschwunden war, also musste ihm etwas zugestoßen sein. Und doch hoffte sie tief in sich noch darauf, ihn vielleicht doch hier anzutreffen – quietsch fidel und bei bester Gesundheit.
Kurz stieß die Setsuko ein leises Seufzen aus, dann öffnete sie die großen Flügeltüren des Gildenhauses und trat ein. Sofort stieg ihr der wohlige Duft von Heim in die Nase, die vertrauten Geräusche drangen an ihr Ohr und sie konnte nicht anders, als doch ein wenig zu lächeln. Während sie durch die Eingangshalle schritt, ließ sie ihren Blick aufmerksam nach links und rechts gleiten, nickte dem einen oder anderen freundlich zu und hielt zu Personen, die sie absolut nicht kannte, etwas länger Blickkontakt. In dieser einen Woche hatte Graceful Tiger ordentlich an Mitgliedern zugelegt, wie es schien. Einige der hier Anwesenden kannte sie überhaupt nicht. Umso enttäuschter war sie, dass Shinjis blonder Schopf nirgendwo zu entdecken war. Dafür wusste sie aber wenigstens von einer Person ganz sicher, dass sie hier war. Zwar würde Rin sich später noch etwas genauer mit den Leuten auseinandersetzen wollen, die hier herum standen und saßen und deren Gesichtern sie absolut keine Namen zuordnen konnte, doch zuvor musste sie ihrer Liebsten einen Besuch abstatten gehen. Nun galt es nur noch, sie in diesem riesigen Gebäude zu finden. Doch so, wie Rin Reika kannte, war diese wohl bis zu beiden Ohren in Arbeit versunken. Also steuerte die Schwarzhaarige schnurstracks auf das Büro ihrer Verlobten zu, trat jedoch nicht ein, ohne vorher zumindest kurz anzuklopfen. Immerhin konnte man nie wissen, wer sich vielleicht noch gerade im Büro aufhielt.
Tatsächlich sollte sich dieses Unterfangen als clever herausstellen, denn als sie die Türklinke runter gedrückt und die Tür geöffnet hatte, blickte sie geradewegs auf zwei Personen, die sie nicht kannte. Bei einer davon handelte es sich um eine recht kleine, ziemlich zierliche, blonde Frau auf deren linkem Oberarm sie das Gildenzeichen von Fairy Tail erkannte. Der andere ihr Fremde war ein junger Mann, der sich allerdings zur Tür gewandt hatte, offensichtlich gerade bereit zu gehen. Er war ebenfalls blond. „Uhm … hi“, gab sie überaus intelligent von sich, hob kurz die Hand zum Gruß und schloss dann die Tür hinter sich wieder, ehe sie mit ein paar kurzen Schritten den Abstand zwischen sich und Reikas Schreibtisch überwunden hatte. „Wenn ich ungelegen komme gehe ich kurz wieder raus und warte, bis du hier fertig bist“, murmelte sie ihrer Liebsten zu, als sie sich zu dieser runter beugte und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen gab. Dann richtete sie sich wieder auf und musterte neugierig die dritte Frau im Raum. Irgendetwas sagte ihr, dass sie diese Person kennen sollte …

Rin entging nicht, wie die blonde Frau sie mit hochgezogener Augenbraue musterte, ignorierte dies jedoch und nickte ihr stattdessen mit einem freundlichen Lächeln zu, als Reika ihr erklärte, wer da vor ihr saß. „Rin Setsuko, freut mich Sie kennen zu lernen“, meinte sie und verschränkte ihre Arme hinterm Rücken. Sie war also tatsächlich mitten in ein überaus förmliches Gespräch geplatzt, doch da sie im Grunde Reikas rechte Hand war, hatte sie das Gefühl ein Recht darauf zu haben, hier zu sein und zu hören, was die beiden Gildenmeister untereinander besprachen. Allerdings hatte Reika Recht, es war immer noch Lucina, die darüber bestimmen durfte. Immerhin konnte es ja sein, dass sie eher weniger damit vertraut war, andere Mitglieder ihrer Gilde in etwas Wichtiges einzuweihen, was mit anderen Gildenmeistern besprochen werden musste. Aber vielleicht war sie ja auch einfach nur hier, um einen Höflichkeitsbesuch abzustatten und nicht, um irgendwelche lebensnotwendigen Geschäfte zu machen.
Interessiert musterte Rin die Frau weiterhin, die da auf dem Sofa saß, das extra für Besucher vor dem Schreibtisch der rothaarigen Gildenmeisterin stand. Sie hatte davon gehört, wie schnell der Austausch der Gildenmeister vonstattengegangen war. Reiko hatte sie gekannt, ihren Nachfolger hatte sie jedoch nie kennen gelernt, da er zu schnell wieder von seinem Posten enthoben worden war. Die genauen Gründe dafür hatte sie nie erfahren und was man im Weekly Sorcerer schrieb konnte sie irgendwie nicht so ganz glauben. Reiko musste immerhin einen Grund dafür gehabt haben, Sagawa zu ihrem Nachfolger zu machen. Aber so war die Politik und so gern Rin ihrer Liebsten auch bei wichtigen Entscheidungen half, so wollte sie niemals selbst die Verantwortung für so etwas auf ihren Schultern tragen müssen.
Nun, da sie wusste, wer die fremde Frau war, wusste sie auch, dass sie mit dem, was sie Reika eigentlich hatte erzählen wollen, noch ein wenig warten musste. Und das, obwohl es so ein wichtiges Thema war …