Daisukes reise Teil 2. xD

Die Tür der Taverne öffnete sich und ein in weiten Stoff gekleideter, hünenhafter Mann schob sich über die Schwelle ins Innere des Raumes, bevor er die Tür hinter sich wieder schloss und umsah. Er lugte unter dem tief sitzenden Hut hervor und musterte die einzelnen, komplett besetzten Tische. Sollte er sich an den Tresen setzen? Sein Blick huschte hin zur Theke, doch auch da saßen dicht aneinander gereiht viele Männer, die offensichtlich kaum ein Stück zur Seite rutschen würden, um für den Blondschopf Platz zu machen. Nur etwas weiter hinter hatte eine einzelne Person sich ihren Platz an einem Tisch für vier Mann besetzt und Kaito begann sofort, sich zwischen den Stühlen und Tischen hindurch zu schlängeln und auf den jungen Mann zuzulaufen. Am Tisch angekommen hob er eine Hand, schob seinen Hut ein wenig zurück und gab so den Blick auf sein breites, schiefes Grinsen frei. „Oi. Kaito mein Name, was dagegen, wenn ich mich zu dir setze? Alle anderen Plätze sind leer und wie mir scheint will keiner so wirklich Platz für mich machen.“ Er blickte kurz auf den Tisch vor sich und das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Ein Bier und ein deftiges Essen standen da, direkt vor ihm und waren wohl gerade dabei, verzehrt zu werden. Er wollte eigentlich auch einfach nur etwas essen, ehe er seine Reise zur Spitze des Mt. Hakobe fortführte, wo er eine Quest zu erledigen hatte.
In diesem Moment wurde es weiter vorne in der Taverne reger. Drei Gestalten, er konnte nicht ganz sagen ob es Damen oder Herren waren, erhoben sich synchron und traten mit festen Schritten auf den Tresen zu. Sie führten wohl kaum Gutes im Schilde, so wie sie aussahen und Kaito richtete sich sofort zu voller Größe auf, um besser sehen zu können, was genau da vor sich ging. Er hatte sich von dem Weißhaarigen mit dem Essen weggedreht, da er zuvor mit dem Rücken zum Geschehen gestanden hatte und versuchte nun, zu verstehen, was dort gesagt wurde. Allerdings konnte er nur Brocken verstehen, doch das, was er hörte, reichte ihm. Da war etwas von „Geld“ und „sonst machen wir das Haus hier platt“ zu hören und ließ Kaito schlussfolgern, dass das keine normalen Stammgäste waren. Entweder waren sie Steuereintreiber … oder Banditen. Der Schankwirt stand wie angewurzelt da, ja zitterte sogar am gesamten Körper wie Espenlaub und starrte die drei Gestalten mit weit aufgerissenen Augen. Also keine Steuereintreiber. Noch immer mit einem Grinsen auf dem Gesicht drehte Kaito sich kurz zu dem Fremden um, murmelte etwas von wegen „Ich bin gleich wieder da“ und schob sich dann erneut zwischen den anderen Gästen hindurch, die nun ebenfalls ruhiger geworden waren und zum Tresen starrten.
Mit einem ausgestreckten Zeigefinger tippte er der ihr am nächsten stehenden Gestalt auf die Schulter und trat dann einen Schritt zurück, um sich ausladend zu verbeugen. „Guten Tag der Herr …“ Er blickte kurz auf und lugte unter die Kapuze. „… die Dame. Gibt es irgendwelche Probleme? Wir wollen doch hier niemandem weh tun, oder?“ Die Frau im Umhang drehte sich langsam zu dem Blondschopf um und hob fragend eine Augenbraue. „Was willst du denn, Schwachkopf? Siehst du nicht, dass wir hier gerade etwas zu klären haben?“ Das Grinsen verschwand nicht. „Ah jaja, das habe ich durchaus bemerkt. Ich dachte nur ich mische mich einmal ein, ehe die Herrschaften handgreiflich werden und ich auch handgreiflich werden muss.“ „Für wen hältst du dich eigentlich, du aufgeblasener …?“ Die Frau brach ab, als auch die anderen beiden Personen sich zu Kaito umdrehten. Zwei Männer. „Ah, die Herrschaften. Ich würde Sie ja ganz gern auffordern, das Haus zu verlassen und nie wieder zurück zu kommen aber da diese Taverne mir nicht gehört kann ich Sie nur darum bitten sich schleunigst vom Acker zu machen.“ Die Reaktion auf diese Worte war anders, als Kaito sie erwartet hatte, doch ihm sollte es recht sein. Der größere der beiden Männer machte einen seltsamen Ausfallschritt nach hinten, holte mit dem rechten Arm aus und schlug dann seine geballte Faust mit ganzer Kraft in Kaitos Richtung. Dieser glitt grazil darunter hindurch, indem er sich in die Hocke sinken ließ und riss ihm dann mit seinem linken Fuß die Beine unterm Körper weg, sodass er plump nach hinten umkippte. „Oha, dabei wollte ich doch nicht handgreiflich werden“, seufzte er schweren Herzens und richtete sich wieder auf. Plötzlich rührte sich nun auch der Rest der Taverne. Fünf, sechs, sieben Leute erhoben sich, allesamt wie normale Zivilisten gekleidet und umringten den hoch gewachsenen Blondschopf. „Aber irgendwie lässt man mir keine Wahl.“

Es waren insgesamt zehn Leute – der von Kaito zu Fall gebrachte rappelte sich gerade langsam wieder auf – eine Frau, der Rest männlich. Nacheinander setzten sie allesamt langsam ihre Kapuzen ab und begannen, die Taverne auszuräumen, indem einer von ihnen lauthals durch den Raum brüllte. Viele der Besucher waren verängstigt genug, um freiwillig sofort das Weite zu suchen und letztlich blieben außer Kaito selbst nur noch wenige Leute neben den Unruhestiftern übrig. Zum Einen war da der weißhaarige Kerl, der noch immer genüsslich aß und trank, der Barbesitzer selbst, zwei Kellnerinnen und eine Person, die in der hintersten Ecke saß und zu schlafen schien. „Das ist aber nicht gerade die feine englische Art. Diese armen Leute wollten hier lediglich ein gutes Essen genießen und ihr macht das einfach kaputt.“ Er schüttelte den Kopf, wobei der gestreifte Hut hin und her wackelte und schon fast drohte, von seinem Kopf zu fallen. Die Gruppe teilte sich auf – vier blieben bei ihm, darunter die Frau, zwei gingen zu dem Weißhaarigen und der Rest teilte sich auf die übrigen Anwesenden auf, um sie entweder niederzuschlagen oder hinaus zu befördern. Kaito beobachtete, wie einer der Männer sich die beiden Kellnerinnen vorknöpfte und unschön berührte. Sofort verschwand das Grinsen auf seinem Gesicht und er machte eine einfache Bewegung mit der rechten Hand. Unter dem Mann begann der Boden leicht zu glühen, er sah überrascht nach unten und wurde kurz darauf von einer grellen Explosion in die Luft geworfen. Als er unsanft am Boden aufkam kniff Kaito kurz ein Auge zusammen. „Ouch. Das muss weh getan haben. Aber es ist niemandem erlaubt, solch wunderbare Geschöpfe der Mutter Natur einfach so zu berühren!“, zischte er und wandte sich anschließend an die vier Leute, die um ihn herum einen Kreis gebildet hatten.
Er stand mit dem Rücken zur Tür, weshalb er sehr gut beobachten konnte, was im hinteren Bereich der Taverne geschah. Den Weißhaarigen wollten sie niederschlagen, doch trafen sie augenscheinlich nur den Tisch, an welchem er kurz zuvor noch gesessen hatte, denn als die beiden Männer nach oben blickte, schwebte ihr Opfer dort und aß genüsslich sein Essen weiter. Das Grinsen kehrte auf Kaitos Gesicht zurück. Warum hatte er nicht eher bemerkt, dass dieser Kerl ein Magier war? Und wie es schien beherrschte er Beschwörungszauber, denn im selben Moment landete ein weißer Ritter auf einem der beiden Raufbolde und begrub ihn unter sich. Der andere Herr wurde durch einen harten Tritt seitens des Magiers zu Boden befördert. Es war für Kaito überaus amüsant, diesem Treiben zuzusehen, während die um ihn herum stehenden Herrschaften nicht so recht zu wissen schienen, wie sie nun handeln sollten. Die Frau war die erste, die reagierte. Auch sie nutzte Beschwörungsmagie, denn neben ihr tauchte ein riesiger Hummer auf, mindestens 4m hoch, dessen Scheren gefährlich scharf zu sein schienen. „Aber aber, meine Dame. Ich kämpfe nicht gegen Frauen“, trällerte Kaito und wich einem Schwanzschlag des Hummers durch einen Sprung nach oben geschickt aus, wobei er seinen Hut fest halten musste, um ihn nicht an den Boden zu verlieren.
„Huh, das war aber knapp“, kam es aus seinem Mund, ehe er einem Schlag von rechts auszuweichen hatte. Sein Mantel war das einzige, was der korpulente Herr anschließend in den Händen hielt, während Kaito selbst plötzlich auf der Theke hockte und rechts von sich den Weißschopf erblickte, der gerade den Teller abstellte und sich für das leckere Essen bedankte. Wenigstens einer, der seine Speise letztlich doch noch genießen konnte, trotz dieser Hektik. Und doch pisste ihn die gesamte Situation ganz offensichtlich an und Kaito konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Drei Leute waren am Boden, sieben standen noch. „Gut gesprochen, Kumpel“, grinste der Blondschopf und landete neben dem Magier, der genau so groß war, wie er. Dann wandte er sich an die noch anwesenden Störenfriede. „Ihr habt nun zwei Möglichkeiten. Gehen oder fliegen.“ Ihm gefiel dieses Wortspiel sichtlich gut, sein Gegenüber schien das allerdings weniger amüsant zu finden. Die sechs Männer ließen, ebenso wie der Weißhaarige, ihre Knöchel knacken, während die Frau mit dem Riesenhummer schweigend die Arme vor der Brust verschränkte. Sie war eine Magierin, doch was waren die anderen? Besaßen sie auch magische Fähigkeiten? Nun, Kaito sollte es schon bald herausfinden, denn drei der Herren eilten direkt auf ihn zu, die Hände zu Fäusten geballt, doch statt alle gemeinsam ganz gewöhnlich zuzuschlagen, konnte Kaito spüren, wie sie magische Energie sammelten. Windmagier! Sie wollten alle drei mithilfe ihrer Windmagie einen verstärkten Schlag auf ihn ausführen. Faszinierend. „Ihr seid ja richtig kreativ …“, murmelte er und ließ um sich herum eine seltsam rauchige Kugel entstehen, die die wiederholten Faustschläge abfing, während er mit verschränkten Armen da stand und sie beobachtete. Fast schon hätte er gegähnt, hätte sich nicht plötzlich ein Schatten über ihm bewegt und ihn dazu veranlasst, gerade noch rechtzeitig nach oben zu sehen. Der monströse Hummer hatte mit seiner rechten Schere ausgeholt und wollte nun auf ihn einschlagen. Bei der Geschwindigkeit und dieser Größe hätte er die schützende Kugel des Magiers sicher mit Leichtigkeit zertrümmert. Mit einem plötzlichen Aufleuchten seinerseits raste der Blondschopf in die entgegengesetzte Richtung und das in einer erschreckend hohen Geschwindigkeit. So entkam er dem Schlag des Riesenhummers und brachte die drei Männer zum Stolpern. Er war ja so gut!
Was der Weißhaarige derweil machte konnte Kaito nicht sagen, doch er war sich ziemlich sicher, dass der Kerl zurechtkam. Er hatte immerhin im Essen zwei dieser Landstreicher zu Fall gebracht, da sollte er jetzt wohl keine Probleme mit ihnen haben. „Hey, Lady?! Darf ich mal ganz doof fragen, wer euch angeheuert hat? Ihr seid wohl kaum zum eigenen Zeitvertreib hier.“ Die Frau mit dem Riesenhummer wandte sich mit zerknirschtem Gesichtsausdruck zu ihm um. „Wir sind Magier der Söldnergilde Whispering Sirenes“, entgegnete sie in monotonem Tonfall und deutete auf ihn. „Aber dieses Wissen wirst du mit in dein Grab nehmen!“ „Uh … ich erschauere“, entgegnete Kaito und klatschte in die Hände. „Aber gut, wenn es nun schon um Gräber geht, dann muss ich wohl wirklich ernst machen.“ Und das war nun kein Scherz mehr. „Heavenly Arrows!“, rief er, bewegte beide Hände nach vorn und ein heller Magiezirkel entstand vor ihm, aus welchem sofort sieben helle Pfeile schossen, die auf die Magierin zurasten.