Mit dem Zug hatte es nicht lange gedauert, bis Nero in Onibus Town angekommen war. Diese Stadt war eine Stadt der Künste, mit ihren Theatern und Bars, aber das interessierte Nero nicht.
Der Schwarzhaarige hatte ein Kopfgeld einzustreichen.
Das Ganze klang höchst seltsam. Es handelte sich um eine Pflanze, die eine lange Evolutionszeit hatte. In ihrem finalen Stadium bildete sie dann einen Doppelgänger einer Person, deren Existenz und Magie sie einmal wahrgenommen hatte.
Der Gedanke, dass Nero selbst einmal einen solchen Pflanzendoppelgänger haben könnte, war höchst verstörend.
Jedenfalls bildete das Exemplar, welches Nero nun zur Strecke bilden sollte, Erigor nach, genannt Shinigami. Vor vielen, vielen Jahren hatte dieser Mann einen Anschlag auf die Gildenmeister bei ihrem regelmäßigen Treffen geplant. Er war der Anführer einer dunklen Gilde namens Eisenwald, daher würde dieser Gegner auf einem hohen Niveau sein.
Nero zweifelte jedoch nicht daran diesen Doppelgänger zur Strecke bringen zu können. Der erste Schritt jedoch war diesen Erigor-Doppelgänger erst einmal zu finden.
In diesem Moment bildete sich um den Bahnhof hinter Nero ein gewaltiger Wirbelsturm, der den Bahnhof vollkommen umgab.
Ruckartig drehte Nero sich um.
Windmagie ist doch Erigor’s Spezialität, stellte Nero schnell fest. Naheliegend, dass diese Aktion von ihm ausgeführt worden war. Die Frage war nur, wo er war und warum er das tat.
Um ihn herum begannen Leute panisch zu schreien und auf das Dach des Bahnhofes zu deuten.
Unbeeindruckt sah Nero ebenfalls nach dort oben, wo ein weißhaariger Mann mit einer Sense trohnte.
„Erigor.“, stellte Nero schlicht fest. Der God Slayer hatte zwar keine Ahnung, was der Kerl da oben plante, aber es war ihm auch egal. Mit einem kräftigen Sprung gelangte er auf die Häuser neben dem Bahnhof, brachte sich dadurch immer höher und landete schließlich ebenfalls auf dem Dach des Bahnhofes.
„Erigor.“, sagte Nero erneut, um die Aufmerksamkeit des Doppelgängers auf sich zu ziehen.
Der Weißhaarige drehte seinen Kopf herum, um Nero anzuschauen.
„Was willst du?“, fragte er dann mit angriffsbereiter Stimme.
„Mein Name ist Nero Reign, ich bin von Raging Fenrir und auf deinen Kopf ist ein Preis ausgesetzt. Gut, dass ich Kopfgeldjäger bin.“
Argwöhnisch betrachtete Erigor seinen Jäger, dann drehte er sich um und sprang weiter in Richtung Zentrum der Stadt.
Nero ahnte, dass er irgendetwas vorhatte. Durch die Windbarriere beim Bahnhof würde keiner aus der Stadt rein oder rauskommen. Jedenfalls nicht schnell, sollte etwas passieren.
Wenn Erigor also Amok lief, würden ihn nur diejenigen aufhalten, die hier in den Stadt waren. Glücklicherweise war Nero bereits hier und fragte sich, was passiert wäre, wenn er tatsächlich noch eine ruhige Kugel mit Angh zusammen geschoben hätte.
Jetzt war er echt froh drum sich durchgesetzt zu haben.
Logische Schlussfolgerung war also: Hinterher! Und genau das würde Nero auch tun.
Der Schwarzhaarige dehnte den Kopf einmal kurz nach links, dann nach rechts, bis es jeweils Knack machte. Dann beugte er sich leicht nach vorne über und lief los. Erigor hinterher.
Dieser wählte seinen Weg über die Dächer der Stadt, was die Verfolgung zu einem Mix aus Laufen und Springen machte.
Gab’s da nicht mal ein Spiel? Naah, kann mich nicht erinnern, dachte Nero nur grinsend, während er über eine Gasse flog und auf der anderen Seite auf einem Haus wieder landete.
Mit einer Hand löste er nun im Mantel die beiden Tonfa, die daraufhin aus seinem Mantel fielen. Mitten im Fall griff jede von Nero’s Händen nach einer der Waffen und umschloss den Griff fest. Das Metall schmiegte sich nun perfekt an seine Arme an, dann spurtete er weiter hinter Erigor hinterher, der sich nun zunehmend öfter umwandte. Scheinbar, um zu prüfen, ob Nero ihn immer noch verfolgte.
Das Problem, welches sich nun ergab, war, dass Erigor den Abstand zwischen ihm und Nero vergrößerte. Oder anders gesagt: Der Shinigami war schneller als Nero.
Das wurmt mich jetzt, dachte Nero angefressen, während sich Mana in seinem Mund sammelte und er sich konzentrierte.
„Enjin no Dougou!“, rief er dann und aus seinem Mund schoss der Schwall an schwarzen Flammen, der ihn als God Slayer auszeichnete. Die Reichweite der Flammen reichte, um Erigor anhalten zu lassen, um dem Angriff auszuweichen.
„Du meinst es also ernst.“, hörte er Erigor nur sagen. Ein amüsiertes Lachen war Nero’s Erwiderung darauf. Natürlich meinte er das ernst, was sonst?
Blöd war nur, dass Nero zu solch einem frühen Zeitpunkt seine Magie hatte nutzen müssen.
Erigor fixierte ihn, und Nero hatte jetzt das Gefühl, dass er den Kampf annehmen würde. Erigor’s Magie kannte Nero, und trotzdem hätte er ihn gerne länger getestet.
„Wind Blade.“, vernahm der God Slayer dann und sah, wie mehrere kleine Windklingen auf ihn zuschossen. Nero trat zur Seite, doch das genügte nicht, um alle abzuwehren. Er riss noch die Tonfa hoch, doch die Klingen trafen ihn seitlich und drückten ihn zurück.
Sobald er wieder im Gleichgewicht war, drückte er sich vom Dach des Hauses ab und schoss auf Erigor zu. Windmagie funktionierte gut im Fernkampf, daher waren die Tonfa erst einmal ideal, um den Gegner in Bedrängnis zu bringen.
Das Metall der Tonfa knallte mit einem lauten Geräusch auf die Sense von Erigor, welche dieser mit Leichtigkeit zur Abwehr nutzte.
„Du bist mir nicht gewachsen.“, meinte Erigor nur, doch Nero hatte das Stoppen genutzt, um über die Sense zu springen. Nun schoss er direkt auf Erigor’s Kopf zu, ohne dass dieser eine Möglichkeit hatte mit der Sense zu parieren. Das Tonfa in der rechten Hand knallte mit voller Wucht ins Gesicht des sogenannten Shinigami, der dabei äußerst verdutzt sah.
Einige Meter flog Erigor, bevor er anhielt. Er rieb sich die Wange, ging jedoch nicht weiter auf Nero’s Angriff ein. Lediglich sein Gesichtsausdruck verriet, dass er die Herausforderung nun offiziell annahm.
Nero zögerte nicht einen Moment damit weiter zu machen. Er zweifelte nicht daran, dass sein Gegner verdammt stark war, und das bedeutete, dass er jede Faser seines Körpers nutzen musste, um hier zu siegen.
Nero wusste aber auch, dass seine eigenen Fähigkeiten äußerst destruktiv waren. Er beherrschte nicht einfach nur das Feuer, er beherrschte die schwarzen Flammen. Das war etwas vollkommen anderes. Etwas viel gefährlicheres.
Erigor hatte das sicherlich geahnt, sonst wäre er nicht darauf versessen gewesen dem ersten Angriff auszuweichen. Nero wurde bewusst, dass es hier nicht reichen würde Erigor auszukundschaften. Damit gab er ihm Zeit seine ganze Windmagie gefährlich zu entfesseln.
Nero ließ seine Magie durch seine Tonfa fließen. Nach einem kurzen Moment begannen diese sich zu entflammen – mit eben jenen schwarzen Flammen, die Nero zuvor für den Angriff genutzt hatte.
Sofort sprang Nero wieder auf Erigor zu, der seine Sense packte und mit einem Schwung einen gefährlichen Windstoß entfesselte, der auf Nero zuflog. Dieser stoppte seinen Lauf auf Erigor zu, um einen Haken, um den Wind zu schlagen. Dabei wählte er die Seite, bei der der Windstoß in Erigor’s Richtung wehte und nutzte den dortigen Rückenwind, um an Geschwindigkeit aufzunehmen.
Schneller, als der Shinigami es erwartet hatte, stand Nero nun vor ihm und ließ einige schnelle Angriffe auf den Weißhaarigen nieder prasseln. Nero verstand es den Gegner zu analysieren. So entschlüsselte er in wenigen Sekunden die Techniken, um sie für sich zu nutzen.
Aus der Nähe schien Erigor quasi machtlos zu sein. Während sich beide Tonfa in den Körper seines Gegners rammten, musste jedoch auch Nero eine Schnittwunde der Sense in Kauf nehmen.
Wenn ich mich auf seine Sensenreichweite einlassen kann, dann würde ich weniger Wunden in Kauf nehmen – und dabei riskieren weitere Windmagie abzubekommen, sinnierte Nero ruhig, dann sprang er rückwärts. Blitzschnell verstaute er die Tonfa im Mantel, dann legte er beide Hände zusammen und ließ schwarze Flammen ausströmen.
Mit einem gewaltigen Flammenschub erzeugte er eine Sense aus schwarzen Flammen.
„Enjin no Kama!“, betitelte er die Technik, als die Sense in seinen Händen lag. Sie war etwas größer als die von Erigor, und dieser staunte nicht schlecht.
Diesen Moment nutzte Nero. Ein Schwung mit der Sense zwang Erigor zum Rückzug nach hinten, doch Nero machte denselben Schritt vorwärts, den Erigor nach hinten machte. Die Flammen züngelten heiß umher, als Erigor versuchte diese mit einer Windbarriere aufzuhalten.
Das heiße Feuer jedoch drückte den Wind zur Seite, sodass Nero Erigor frontal treffen konnte. Die gesamte Kleidung zerriss am Oberkörper, als die Sense über diesen schnitt.
Nero zog die Sense etwas näher heran, um sich eine neue Kombination zu überlegen.
„Emera Baram!“, hörte Nero plötzlich einen angeschlagen klingenden Erigor rufen.
Dieser kreuzte die Finger übereinander zu einer X-Form. Nero’s Augen weiteten sich kurz. Sofort rammte er die Sense in den Boden, als schon ein gewaltiger Schuss aus Wind auf ihn zuschoss. Die Technik war schnell, doch Nero hatte die Technik am Namen erkannt. Indem er die Sense quasi als Hochsprungstab nutzte, hüpfte er über die Technik hinüber, wurde jedoch vom starken Zug erwischt und flog nach hinten.
Die Sense ging dabei ohnehin verloren. Zusätzlich knallte Nero jedoch mit voller Wucht gegen eine Hauswand hinter sich. Im Vergleich zu einem direkten Treffer war das jedoch gar nichts.
Nero spürte einen starken Schmerz in seiner gesamten Rückengegend. Das war jedoch kein Grund für den Schwarzhaarigen jetzt aufzugeben. Erigor war ähnlich angeschlagen. Nero vermutete, dass der Pflanzendoppelgänger eben nicht das Original war, jedoch war dies nur eine Vermutung und keine bestätigte These.
Nero richtete sich auf und machte einige Schritte auf Erigor zu. Dieser schien eine weitere mächtige Technik vorzubereiten. Der God Slayer ballte seine Hand zu einer Faust. Dann begann er los zu laufen, stetig schneller werdend. Im selben Moment umgaben die schwarzen Flammen seine Faust.
„Enjin no Tekken.“, knurrte Nero nur aus seinem halb geöffneten Mund, während er weiter lief.
Erigor indes schoss nun ein gewaltiges Arsenal an Geschossen auf Nero ab, die alle aus Wind bestanden. Einigen konnte der God Slayer ausweichen, andere musste er mit der flammenversetzten Faust abwehren, andere trafen ihn hart am Körper und drängten ihn zurück.
Er spürte den Schmerz bei jedem Aufprall, und er hatte das Gefühl, dass er bald Knochenbrüche erleiden würde, wenn Erigor weiter traf. Und doch ignorierte Nero den Schmerz und auch die Angst getroffen zu werden.
Wenn ich ausweiche, werde ich nicht getroffen. Wenn ich abwehre, werde ich nicht getroffen. Keine Furcht, Nero, keine Furcht, ermahnte er sich selbst zur Furchtlosigkeit.
Er hatte Erigor fast erreicht, als er abermals Mana in seinem Mund kanalisierte.
„Enjin no Dougou!“, rief er dem Shinigami laut entgegen, als die schwarzen Flammen auf Erigor zuschossen, dieses Mal jedoch aus geringerer Entfernung als beim ersten Mal. Das gewaltige Geschoss aus Flammen drückte Erigor’s Technik zur Seite und traf diesen frontal.
Nun war es Erigor, der notgedrungen zu Boden ging. Es waren wohl die stärksten und heißesten Flammen, mit denen er nun konfrontiert war. Ein Dragon Slayer war nichts dagegen, wie Nero fand.
Nero hob die Faust, als er Erigor erreichte, und mit voller Kraft ließ er sie auf Erigor niedersausen. Dieser versuchte sich zu schützen, doch Nero traf den Rücken. Die Kraft des Schlages reichte, um Erigor durch das Hausdach zu drücken, indem das Holzdach barst.
Zusammen mit dem Schutt fiel Nero ebenfalls, jedoch nicht so hart getroffen wie Erigor.
Das Haus war offensichtlich ein Lebensmittelladen, doch das interessierte den God Slayer nicht. Mit der freien Hand packte er Erigor und schlug mit der anderen Hand in das Gesicht des Shinigami.
Dieser flog im geraden Bogen durch das Fenster des Ladens. Glas splitterte und Erigor kam draußen auf der Straße auf. Nero trottete erschöpft hinterher.
Erigor jedoch blieb liegen – scheinbar bewusstlos. Einige Leute schienen sich um den dort liegenden Körper zu scharen, trauten sich jedoch beim Anblick von Nero nicht noch näher. Dieser packte den dort liegenden Erigor, um ihn fortzuschleifen.
Dabei überlegte der God Slayer, ob er ihn der Wache ausliefern sollte oder gleich seinem Auftraggeber. Andererseits hatte dieser nicht gesagt, dass er Erigor haben wollte. Der mysteriöse Mann hatte lediglich geschrieben, dass er erledigt werden müsste.
„Nun, dann eben Gefängnis. Oder was man sonst mit Pflanzendoppelgängern tut.“, sprach Nero also zu sich selbst und schleifte Erigor in Richtung Bahnhof.
Immer, wenn der Shinigami dabei zuckte, versetzte Nero ihm einen neuen Schlag ins Gesicht. Damit wollte er verhindern, dass er wieder erwachte. Radikal, aber effektiv.
Die Interaktion mit der Wache jedenfalls war quasi non-existent. Nero warf ihnen Erigor’s bewusstlosen Körper vor die Füße.
Ein kurzes: „Nero von Raging Fenrir. Gern geschehen.“ Dann verschwand Nero in einem Zug. Denn mit Erigors Bewusstlosigkeit war auch die Windbarriere um den Bahnhof herum verschwunden und die Wache hatte überhaupt erst anrücken können.
Und damit war Nero auf dem Rückweg zu seinem Haus – hoffentlich vor Angh.
tbc: Nero's Haus
2063 Wörter