Giglio

(B-Rang) Tötet Nessie!:

cf: Haupthalle

Ashley sagte nichts zu Misakis etwas ruppigen Reaktion, worauf die Rothaarige schloss, sie hätte sich damit abgefunden und verstanden, dass sie ihre Partnerin zu lange hatte warten lassen. Denn tatsächlich hatte diese eine ganze Weile an der Bar gesessen und gewartet. Es war sowieso bewundernswert, dass sie so lange dort gesessen hatte, denn normalerweise hätte Misaki nach 10 Minuten die Quest allein in die Hand genommen. Aber irgendwie war heute nichts normal. Misaki war immer still, wenn sie auf dem Weg zu einer Quest war, doch heute war sie besonders tief in ihren Gedanken versunken, bis sie sich irgendwann daraus befreite und sich direkt an ihre Partnerin wandte: „Was ist das mit dir und diesem Kerl? Auf mich wirkte er wie ein hochnäsiges Arschloch, also was hast du mit ihm zu schaffen?“ Sie wusste, dass er der Gildenmeister von Violent Phoenix war und ihr war sofort nachdem sie Ashleys Blick gesehen hatte klar gewesen, dass da etwas zwischen ihnen passiert sein musste, doch konnte Misaki sich nur schwer vorstellen, dass die Rothaarige in irgendeiner Form engeren Kontakt zu diesem Typen pflegte. Und tatsächlich war da dieses gewisse Interesse, das Misaki verspürte. Normalerweise hielt sie sich nicht allzu stark daran auf, etwas über andere zu erfahren aber heute hatte sie das Bedürfnis dazu. Nun musste nur noch Ashley mitspielen und auf ihre Frage antworten.

Ihr ruhiger Blick lag auf Ashley, während sie deren Worten aufmerksam lauschte. Bis zum Schluss zeigte sie keinerlei Reaktion auf das, was sie zu hören bekam. Erst, nachdem ihre Partnerin den Blick gen Boden sinken ließ, hob Misaki ihre Arme, um sie miteinander zu verschränken. „Mh. Dieser Typ war mir von Anfang an nicht ganz geheuer. Dass du eine Schwester hattest, wusste ich gar nicht … Aber ich habe ja auch nie danach gefragt.“ Sie dachte an das Treffen zurück, welches sie mit Reika gehabt hatte und fragte sich, ob sie Ashley davon erzählen sollte. Doch gerade nach dem, was sie soeben gehört hatte, wäre das wohl nur allzu taktlos geworden. „Ich verstehe nicht viel von Bindungen, die zwischen zwei Menschen bestehen können und umso weniger verstehe ich, wie ein einziger Mensch so machthungrig sein kann, dass er andere dafür leiden lässt. Aber eines weiß ich ganz genau: Alle Fehler, die man begeht, kommen früher oder später auf einen zurück. Und in Ginawai Senshis Fall sind es offensichtlich so einige Fehler, die ihn früher oder später einholen werden.“
Während sie sprach, war ihr Blick strikt nach vorn gerichtet, sie wirkte stark in sich gekehrt, denn die Erinnerungen, die sie mit diesen Worten verband, waren nicht die schönsten. Zeitgleich fragte sie sich, warum genau sie diese Worte überhaupt aussprach, doch als ihr Blick dann wieder auf Ashley fiel, wusste sie, warum. Sie hatte nie darüber nachgedacht, ob ihrer Partnerin vielleicht auch einmal etwas Schreckliches wiederfahren war. Nun wusste sie, dass sie tatsächlich hatte leiden müssen. Und Misaki hatte sicher viele schlechte Eigenschaften: Doch war es nie ihr Ziel gewesen, andere leiden zu sehen und ebenso wollte sie, dass Menschen aus anderen Gründen litten. Sie wusste, was Leid bedeutete und sie wusste ebenso sehr, wie stark ein Mensch sein musste, um dieses Leid hinter sich zu lassen und zu werden, wie Ashley es heute wohl war. Zudem wusste sie, dass alle Wunden irgendwann heilten, doch die tiefsten von ihnen hinterließen stets unschöne Narben, die zwar irgendwann verblassten, doch niemals verschwanden.  

3/40

Erst jetzt wurde der Rothaarigen bewusst, wie viele Worte sie verloren und wie viele Gedanken sie sich soeben gemacht hatte. Da sie nicht ganz wusste, was sie nunmehr sagen oder tun sollte, schwieg sie vorerst erneut und ließ ihren Blick zurück auf die Straße wandern, ihre Arme waren weiterhin verschränkt. Sie hatte einen sehr guten Grund, warum sie nicht über sich oder ihre Vergangenheit sprach. Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, dass Ashley dies wiederum sehr gern tat und wohl auch eher tun würde oder bereits getan hätte, wäre Misaki nicht so abweisend ihr gegenüber gewesen. „Tja … es gab allerdings bisher auch keinen Grund darüber zu reden“, meinte sie nach einer Weile mit einem Schulterzucken. „Und es geht mich eigentlich auch nichts an. Deine Vergangenheit gehört dir. Aber ehm …“, sie starrte den Boden aus Augen an, die beinahe Blitze zucken ließen, „… wenn du halt mal darüber reden willst, dann höre ich gern zu.“ Noch während die Worte ihre Lippen verließen blieb Misaki ungläubig stehen, den Blick weiter gen Boden gerichtet. Ihr Gespräch mit Reika hatte ihr wahrlich nicht gut getan. Nun fing sie sogar schon an Ashley näher an sich heran zu lassen. Wobei … wenn man es genau nahm würde Ashley sich ihr weiter öffnen, nicht anders herum. Das war nicht gegen ihre Prinzipien, oder? Innerlich qualmte Misakis Kopf und nach außen wirkte sie sehr stark in sich gekehrt. Wenn Ashley nun also etwas dazu sagte, dann prallte das mehr oder weniger an Misakis Ohren ab.

5/40

Schweigend starrte Misaki weiter Löcher in den Boden und die Verschränkung ihrer Arme nahm leicht zu, als ihr Körper sich der Worte Ashleys wegen leicht anspannte. Sie zeigte gerade mehr Stärke, als Misaki es momentan tat und das nagte am Ego der Rothaarigen. Letzten Endes schüttelte sie leicht ihren Kopf, wobei ihr langes Haar ein wenig hin und her schwang und atmete einmal tief durch. Dann sah sie zu Ashley und setzte sich wieder in Bewegung. „Richtig, du bist eine Scarlet und ich bin eine Kinoshita. Und es ist nicht die Vergangenheit, in der wir leben, sondern die Gegenwart. Und diese befiehlt uns, ein Seeungeheuer zu töten.“ Sie hatte ihre Arme wieder aus der Verschränkung gelöst, ihre Hände, die gesunken waren, hatte sie allerdings zu Fäusten geballt. Etwas, das Ashley vermutlich nicht sehen konnte. Es hatte Misaki Jahre gedauert, diese Mauer um sich zu errichten und nun bröckelte sie, war im Begriff auseinander zu fallen. Und sie wusste nicht einmal genau, ob es nur an ihrem Treffen mit Reika lag oder ob die Ähnlichkeit zwischen ihrem Schmerz und Ashleys ebenfalls eine Rolle darin spielte. Fakt war, dass ihre Gefühle mittlerweile Achterbahn fuhren und das nagte an ihrer Konzentrationsfähigkeit. Sie musste sich irgendwie auf andere Gedanken bringen.
„Also … dieses Nessie. Was genau soll das sein? Und die allergrößte Frage ist: Wie wollen wir es töten? Hast du Erfahrungen im Kampf unter Wasser?“ Ihr Gesicht zeigte einen ernsten Ausdruck, während sie neben Ashley her lief und diese aufmerksam beäugte.

7/40

„Mh, ich bin ebenso wenig für den Kampf auf, geschweige denn in dem Wasser geeignet. Gut, dann hören wir uns wohl am besten zuerst ein paar Augenzeugenberichte an, um eine Ahnung davon zu kriegen, wie groß diese Kreatur denn eigentlich ist. Dann können wir weiter überlegen, wie wir gegen sie vorgehen.“ Mit sich und dieser Idee zufrieden nickte Misaki knapp. Allein bei dem Gedanken daran ein Boot zu betreten wurde ihr schlecht und sie wollte lieber so viele andere Möglichkeiten finden, wie möglich, ehe sie diese in Betracht zog.
So, wie es derzeit aussah, waren sie wohl noch knapp eine Stunde unterwegs. Genug Zeit, um sich entweder anzuschweigen, oder miteinander zu reden. Doch Misaki fühlte sich zwischen beiden Möglichkeiten unglaublich hin und her gerissen. Am liebsten hätte sie ja tatsächlich nach Ashleys Vergangenheit, sowie ihrer Schwester gefragt. Aber das wäre wohl zu viel des Guten. Sollte sie vielleicht ein anderes Thema in den Topf werfen? Oder sollte sie einfach schweigend weiter laufen und darauf hoffen, dass Ashley vielleicht versuchte sich mit ihr zu unterhalten? Wieso zur Hölle wollte sie sich überhaupt unterhalten?!

9/40

Den Rest des Weges legten sie tatsächlich schweigend zurück, da Ashley offenbar nicht das Bedürfnis hatte, noch groß irgendetwas von sich zu geben. Dafür warfen sie sich jedoch ins Getümmel, sobald sie die ersten Menschen erblickten. Es dauert fast den halben Tag, bis sie letzten Endes ein paar wenige brauchbare Informationen zu Nessie gesammelt hatten. Nachdenklich legte Misaki die Stirn in Falten, während Ashley kurz das wiedergab, was sie hatten und erklärte, dass es unmöglich war, dieses Vieh von außerhalb anzugreifen. „Mh, vielleicht gibt es eine Möglichkeit … Wenn ich es eingesperrt kriegen würde – also, rein theoretisch – dann könntest du es von oben herab durchlöchern. Allerdings müsste ich irgendwie über den See kommen und es zur Wasseroberfläche locken.“ Ihr gefiel die Idee so nah über dem Wasser zu sein überhaupt nicht, zumal sie auch keine Idee hatte, wie sie überhaupt da hoch kommen sollte. Aber etwas besseres fiel ihr für den Moment nun einmal nicht ein. „Meinst du, du könntest mich irgendwie über den See bringen, sodass ich es einsperren kann, ohne dass du mich fallen lässt?“ Auch dieser Gedanke gefiel ihr nicht besonders gut, denn letzten Endes setzte sie damit viel zu viel Vertrauen in Ashley. Doch eine andere Idee hatte sie gerade nicht.

11/40

Ashley schien zufrieden mit der Idee zu sein und Misaki atmete einmal tief durch. Sie war noch immer nicht sehr angetan von der Vorstellung, von ihrer Partnerin in die Höhe getragen zu werden, doch musste sie ihr in diesem Punkt eben einfach vertrauen. Die beiden machten sich auf den Weg zu einem der Stände, wo allerlei Fisch und Fleisch angeboten wurde und Misaki schüttelte sich innerlich. „Kauf du einfach was, ich bezahl die Hälfte mit …“, murmelte sie mit leicht angewidertem Unterton in der Stimme und wandte sich demonstrativ von dem Stand ab. „Ich warte solange da drüben.“ Und damit bewegte sie sich ein paar Schritte weg von Ashley und dem Geruch nach Fisch und Fleisch. Misaki mochte Fisch nicht besonders gern, weder essen, noch riechen. Ansehen ging. Gerade so … Aber da Misaki sowieso nicht viel Angenehmes mit dem Meer verband konnte man ihr das sicher auch nicht übel nehmen. Geduldig verschränkte sie die Arme vor der Brust und beobachtete Ashley dabei, wie sie die besagten Köder kaufte. Dabei fiel ihr ein, dass sie sich gar nicht über den Kommentar zu ihrer Statur beschwert hatte. Und das, obwohl sie eigentlich einen Grund dazu gehabt hätte – aus ihrer Sicht jedenfalls. In mancher Hinsicht war Misaki ein wenig eitel und wenn man von ihrer Statur sprach, dann wollte sie gefälligst nicht mit der einer anderen Frau als gleichrangig eingestuft werden, sondern als besser, schöner. Aber wem machte sie damit schon etwas vor? Es war Ashley vermutlich reichlich egal, wie die Rothaarige aussah, solange sie einigermaßen einem Menschen glich. Sie machte sich schon wieder viel zu viele Gedanken über etwas, das im Moment vollkommen irrelevant war. Kurz schüttelte sie ihren Kopf, um die Gedanken los zu werden, die sich darin herumdrehten und blickte dann zu dem See, über welchem sie wohl wenige Stunden später schweben würde. Ein überaus mulmiges Gefühl machte sich bei dem Gedanken daran in ihr breit.

13/40

Als Ashley fertig mit Einkaufen war, kam sie zu Misaki zurück gelaufen und wedelte mit dem Beutel herum. Angewidert verzog die Rothaarige erneut das Gesicht. „In Ordnung, ich gebe dir die 50 Jewel dann, wenn wir hier fertig sind.“ Das war wahrlich nicht viel Geld, aber sie nahm es dennoch ein wenig als Absicherung dafür, dass Ashley sie am Ende nicht doch noch fallen ließ. Auch wenn sie ihrer Partnerin so etwas tatsächlich nicht zutraute. Vielen anderen Menschen vielleicht, aber nicht ihr. „Also gut … dann würde ich vorschlagen warten wir, bis es hier nicht mehr so voll ist und versuchen dann unser Glück. Solange werde ich mich noch ein wenig stärken gehen.“ An den See grenzte ein kleiner Wald an, in welchem Misaki sich ganz sicher wohl fühlen und bis zu der Stunde des Grauens satt essen können würde. Sie warf kurz noch einen Blick auf Ashley. „Sagen wir in einer Stunde? Also falls du noch irgendetwas vorhast, solltest du das jetzt machen.“ Eigentlich hatte sie noch sagen wollen ‚Wenn du mich begleiten willst, ist das dir überlassen‘, jedoch wäre das zu offensichtlich gewesen. Sie hätte tatsächlich nichts gegen die Anwesenheit der Scarlet—auch auf längere Zeit nicht. Irgendwo war es sehr angenehm gewesen, sich ein wenig mit ihr zu unterhalten. „Ich werde in den Wald gehen …“, schloss sie letztlich und drehte sich auf dem Absatz um.

15/40

Nun trennten sich ihre Wege tatsächlich für eine Weile, Ashley meinte nach etwas Altmetall suchen zu wollen und Misaki hatte wohl nichts dagegen einzuwenden. Sie selbst zog sich also in den Wald zurück, kletterte dort auf einen der Bäume und schnappte sich ein paar der Zweige, an denen sie eine Weile herum knabberte. Dabei ließ sie ihre Gedanken zu dem zurück schweifen, was Ashley ihr erzählt hatte und sie stellte sich erneut die Frage, ob sie denn richtig reagiert hatte oder ob sie vielleicht etwas anderes hätte tun sollen. Letzten Endes wusste sie jedoch, dass nichts, was sie hätte tun können, irgendetwas besser gemacht hätte. Tote Menschen waren tot und blieben es in den meisten Fällen glücklicher Weise auch. Nun, da niemand hier war, konnte sie endlich einen leisen Seufzer von sich geben, den keiner zu hören bekam. Es war wirklich nicht einfach, ihren Schutzwall aufrecht zu erhalten, wenn ihre Gedanken so arg verrücktspielten. Sie musste sich zusammen reißen! Kurz knallte sie sich ihre eigene Handfläche ins Gesicht, schüttelte dann den Kopf und sprang vom Baum. Es wurde Zeit, das eigentlich Problem anzupacken.
Mit recht schnellen Schritten begab sie sich zurück zu dem Ort, an dem die beiden Frauen zuvor getrennter Wege gegangen waren und sah Ashley bereits dort stehen, bewaffnet mit der Fischtüte. „Also gut. Ich hoffe, diese Stärkung hilft uns, das Ganze ordentlich durchzuziehen“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie hinüber zum See blickte. „Gehen wir’s an.“ Es waren mittlerweile wirklich kaum noch Leute in der Umgebung und die wenigen, die noch am See standen, bat Misaki auf ihre gewohnt ruppiger Art, einen Schritt zurück zu machen, während sie zum Rand des Wassers marschierte und einen Augenblick lang hinaus sah. Furcht lag für den Bruchteil einer Sekunde in ihrem Blick, ehe sie sich mit einem selbstbewussten Gesichtsausdruck zu Ashley umdrehte. „Wehe du lässt mich fallen, Scarlet! Das wäre dein Tod, ich schwör’s dir!“

17/40

‚Sofern nichts Ungewöhnliches passiert.‘ Diese Worte hallten unangenehm in Misakis Gedanken nach, während sie etwas widerwillig nach dem Beutel mit Fisch griff und ein paar Zentimeter von sich weg hielt. Die Scarlet versprach ihr, sie nicht fallen zu lassen und sie im schlimmsten Fall auf jeden Fall zu retten. Allerdings beruhigten diese Worte Misaki absolut nicht. Eher beunruhigten sie sie, doch nun gab es kein Zurück mehr. Ashley hatte bereits ihre Arme von hinten um den Körper der Magierin geschlossen und begann, sich in mit dieser in die Lüfte zu erheben. Vor lauter Aufregung hatte Misaki gar nicht die Möglichkeit, sich Gedanken darum zu machen, wie nah die Andere ihr jetzt auf einmal war und dass das Gefühl von Nähe eigentlich angenehm wirkte. Die aufsteigende Panik in Misakis Magen machte all das jedoch zunichte. Sie hielt noch immer den Beutel etwas weiter von sich weg und ließ ihren Blick unruhig über das klare Wasser gleiten. „Ich kann absolut nichts sehen“, gab sie Ashley mit versucht ruhiger Stimme zu verstehen, wobei sie eher eine Art Krächzen von sich gab und sich erst einmal räuspern musste.
Sie flogen eine ganze Weile über den See, den Blick weiter aufs Wasser gerichtet und mit der Zeit fühlte Misaki sich etwas sicherer. Ashley hielt sie gut fest, auch wenn sie sichtlich darauf Acht gab, ihr dabei nicht weh zu tun und fast schon hatte sie das Gefühl, ihre Partnerin wirklich gänzlich vertrauen zu können. Allerdings nur fast. Sie überflogen die Mitte des Sees und Misaki öffnete die Tüte, wobei ihr der unangenehme Geruch wieder in die Nase stieg und sie diese erst einmal rümpfte. Warum konnte sie nicht die mit den Flügeln sein?! Dann würde ihr das hier erspart bleiben … Sie holte einen der Fische heraus und hielt ihn noch einen Augenblick zwischen Zeigefinger und Daumen fest, ehe sie ihn fallen ließ, gespannt darauf wartend, ob sich etwas tat.

19/40

Spoiler:

Selbst als das Fleisch durch die Wasseroberfläche drang und langsam hinab sank, geschah lange Zeit nichts und Misaki wusste, dass auch ihre Partnerin langsam an dem Auftrag zu zweifeln begann. Umso mehr packte sie der Schock, als plötzlich ein riesiger Schatten in atemberaubender Geschwindigkeit durch die Decke des Sees brach und riesige, scharfe Zähne nur wenige Zentimeter von beiden Frauen entfernt zuschnappten. Kurz gab die Rothaarige fast so etwas, wie einen erschrockenen Schrei von sich, als sie merkte dass Ashleys Griff um sie sich lockerte und sie vollkommen aus deren Armen rutschte. Sagen konnte sie jedoch nichts mehr, da sie bereits fiel, als sie Ashley daran erinnern wollte, sie wirklich gut festzuhalten.
Der Sturz war gewaltig tief und ein dieses Mal wesentlich längerer und vor allem lauterer Schrei verließ Misakis Kehle, als sie immer tiefer fiel und letzten Endes mit einem lauten Platscher im Wasser landete. Nur den Schrei ihrer Partnerin bekam sie noch mit. Der Schmerz, der sich wegen des Aufpralls durch ihren gesamten Körper zog war nichts im Vergleich zu der Panik, die sie übermannte. Sie konnte nicht schwimmen, hatte es doch nie gelernt und auch nie versucht, es sich selbst beizubringen. Das Wasser zog sie immer tiefer und ihr Körper wollte sich kaum bewegen, so gelähmt war sie vor lauter Schreck. Sie wollte schreien, um Hilfe rufen, ihren Stolz dieses Mal gänzlich außer Acht lassend, doch als sie ihren Mund öffnete, drang nur noch mehr Wasser in ihre Lungen und sie presste ihre Lippen lieber stark aufeinander.
Noch immer gelähmt vor Schreck und die Augen vorsichtshalber geschlossen, bemerkte sie auch nicht, wie die ungeheuerliche Kreatur des Sees mit affenartiger Geschwindigkeit auf sie zuraste. Ebenso wenig bekam sie mit, wie eine wesentlich kleinere Gestalt wie ein Pfeil durch die Meeresdecke schoss und ihr immer näher kam. Das einzige, was sie wusste war, dass ihre Sinne langsam dahin schwanden und ihr Körper noch immer keinerlei Anstalten machte, sich irgendwie zur Wehr zu setzen.

21/40

Spoiler:

Misaki konnte spüren, wie nach und nach ihr Bewusstsein sie verließ und sie  hörte auf, ihren Körper dazu überreden zu wollen, sich zu bewegen. Sie hatte nicht vorgehabt, jetzt schon zu sterben, gab es doch so viel, was sie noch tun musste, tun wollte. Sie wollte Reika noch ein weiteres Mal sehen, wollte älter werden, ihre Karriereleiter weiter hinauf klettern … Und sie wollte noch einmal mit Ashley reden. Richtig reden. Über alles, was sie ihr Leben lang geplagt hatte und wovon sie nie jemandem hatte berichten wollen. Doch wusste sie, dass die Scarlet ganz sicher verstehen würde, wenn sie hören könnte, was Misaki ihr zu sagen hatte. Doch nun sollte es dazu wohl nicht mehr kommen.
Umso überraschter war sie, als sich plötzlich ein Arm um ihren Oberkörper schlang. Sie hatte bereits aufgehört, daran zu glauben aus den Tiefen dieses schrecklichen Sees jemals lebend herauszukommen, da spürte sie, wie etwas Warmes, Weiches sich auf ihre Lippen legte. Vollkommen davon überrumpelt, riss sie nun doch ihre Augen auf und starrte Ashley direkt ins Gesicht. Weder konnte sie für den Moment verstehen, was da vor sich ging, noch, was genau als nächstes geschah, doch wurde sie mit unglaublicher Geschwindigkeit aus dem Wasser gezogen und landete etwas unsanft auf sandigem Boden. Hustend und prustend spuckte sie eine kleinere Ladung Wasser aus und blinzelte einige Male heftig, um das Wasser aus ihren Augen zu bekommen. Ihr Herz raste so schnell, wie noch nie und ihr ganzer Körper zitterte – ob nun vor Aufregung oder vor Schock wusste sie nicht. Vielleicht ja auch wegen beidem.
Allerdings hatte sie kaum genug Zeit, um die aktuelle Situation irgendwie ordentlich fassen zu können, da mit einem lauten Brüllen der Kopf der riesigen Kreatur durch die Wasseroberfläche brach und zwei winzige, runde Augen die Frau direkt anstarrten. Ob es nun ihr jahrelanges Training oder einfach nur ihr Instinkt war, so schaffte sie es, sämtliche Gedanken, dir durch ihren Kopf rasten, für einen Moment beiseite zu schieben, worauf das leere, blasse Gesicht sich mit Zorn füllte und sie hielt beide Arme vor sich ausgestreckt. „Nicht nochmal!“, rief sie mit bebender Stimme und schaffte es, rechts und links von der Kreatur hölzerne Gitterstäbe entstehen zu lassen, die nach oben schossen und sich dann durch weitere Stäbe miteinander verbanden. Das Ganze geschah so schnell, dass das Monster noch im Flug gegen eine der Holzwände knallte, statt Misaki oder Ashley – die neben ihr lag – zu treffen und mit sich zurück in die Tiefen zu ziehen.

Magie:

575/600 MP

23/40

Spoiler:

Eine Weile sorgte das Ungetüm noch für Lärm in seinem Käfig, bis Ashley letztlich ein riesiges Schwert aus Eisen auf es hinabstürzen ließ und das ganze Drama schließlich beendete. Und doch ließ Misaki den Käfig erst verschwinden, als sie sich zu 100% sicher war, dass Nessie nicht mehr lebte. Anschließend ging sie leicht in die Knie und stützte ihre Hände auf ihren Oberschenkeln ab. Erst jetzt hatte sie genug Zeit, sich über das klar zu werden, was im See geschehen war.
Ihr Blick wanderte zu Ashley, die schwer atmend im Sand saß und zu ihr hinauf sah. Die Kinoshita atmete selbst noch ein paar Mal durch, dann baute sie sich vor Ashley auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Gedanken waren nun nicht mehr geordnet, sondern rasten so sehr durch ihren Schädel, dass sie bereits drohte Kopfschmerzen zu bekommen. Doch zumindest die folgenden Worte konnte sie mit gutem Gewissen hervor bringen: „Du hast mich fallen lassen!“ Ihre Stimme war recht spitz, hatte sie diese doch noch nicht ganz so unter Kontrolle, wie sie es sich gewünscht hätte. Der Schock ließ zwar langsam nach, doch noch war er ihren Gliedern nicht gänzlich entflohen. Und genau das wollte sie Ashley klar machen. „Ich dachte, wir hätten einen Deal. Ich dachte, du würdest aufpassen, dass das nicht passiert! Ich dachte …“ Sie unterbrach sich selbst, als ein kurzer Erinnerungsfetzen durch ihre Gedanken schoss. Unfähig, ihre Worte fortzuführen, stand sie einen Augenblick lang schweigend da und blickte zu der Scarlet hinunter. „Hast du … da unten … war das …?“ Sie versuchte, ihre Stimme ein wenig zu senken, um all die Anwesenden nicht auf das aufmerksam zu machen, was sie Ashley gerade zu fragen versuchte.

25/40