Großer Forst

(C-Rang) Schadhafte Mischwesen - Troll:

Es wehte ein mäßiger Wind über die Stadt, als Misaki aus ihrer Wohnung trat und gen Himmel blickte. Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich fälschlicher Weise dahin verirrt hatte und stemmte eine Hand in die Hüfte. Für heute hatte sie ein Quest entgegen genommen, die einen Kampf versprach und das, obwohl sie heute eigentlich keine große Lust hatte, sich die Hände schmutzig zu machen. Mit einem tiefen Seufzer entfernte ihre Hand sich wieder von ihrer Hüfte und sie setzte sich langsam in Bewegung. Der Forst, zu welchem sie gelangen musste, um die Quest den Ansprüchen entsprechend zu erfüllen, lag ein wenig außerhalb von Magnolia Town und so würde sie ein Weilchen unterwegs sein. Den Zug zu nehmen lohnte sich jedoch nicht, da sie zum Bahnhof in die andere Richtung hätte laufen müssen und im Endeffekt vermutlich nicht schneller gewesen wäre, als sie es zu Fuß war. Gekleidet in ihr typisches Outfit wanderte sie durch die Stadt und ignorierte gekonnt die Blicke der wenigen anwesenden Zivilsten, die meinten sie anstarren zu müssen. Sie war eines der wenigen Gildenmitglieder, die nicht zur Unterstützung Heroic Dragons zu den Grand Magic Games nach Crocus gereist war. Sie hatte sich entschieden zu bleiben und ein wenig zu trainieren, sowie Quests zu absolvieren, um somit der Gildenkasse und ihrer eigenen ein wenig auszuhelfen. Es war immer gut, wenn es jemanden gab, der die Gilde hütete, während alle anderen weg waren, immerhin war Misaki nicht die einzige noch Anwesende. Mit dem Unterschied, dass sie nicht direkt in der Gilde wohnte und ihr somit ab und an immer mal einen Besuch abstatten musste. Aber auch nur von Zeit zu Zeit. Sie verdrehte kaum merklich die Augen, als sie hinter sich eine Stimme vernahm. Sie blieb nicht stehen und drehte sich auch nicht um, ignorierte die Worte, die ihr zugeworfen worden, bezogen auf ihr Äußeres. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass ein Zivilist sie ansprach und für ihren Körper lobte. Man mochte also meinen, sie wäre daran gewöhnt und ginge locker damit um aber im Grunde hasste sie es. Der Mittelpunkt zu sein war nicht ihre Lieblingsbeschäftigung und somit ignorierte sie solche Situationen eben zumeist, bis die Leute von ihr abließen. Wie es der junge Mann nun letztlich tat, nachdem er bemerkt hatte, dass er von Misaki keine Reaktion erwarten konnte. Mit sich und der Welt sichtlich zufriedener setzte sie ihren Weg weiter schweigend fort, bis die Rothaarige den Ausgang der Stadt erreichte. Der Himmel war noch immer klar, nur vereinzelt bewegten sich ein paar Wolken darüber und wiesen auf ein herannahendes Gewitter hin. Vielleicht schaffte sie es ja, die Quest zu beenden noch ehe sie vollkommen durchnässt war. Aus diesem Grund zog sie ihr Tempo ein wenig an und schritt einen Zug schneller voran aus Magnolia Town heraus und bewegte sich auf den angrenzenden Wald zu. Dort gab es einen Forst, welcher laut Informationen von einer hässlichen Kreatur heimgesucht wurde, die den Inhaber in Angst und Schrecken versetzt und ihn von seiner Arbeit abhielt. Und ein Forster ohne Arbeit war ein schlechter Forster, zumal dieses Ungetüm auf dem Grundstück nach Lust und Laune wütete und alles zerstörte, was nicht bei 3 auf dem Baum war. Wobei … die Bäume zerstörte er wohl auch, weshalb auch diese nicht sonderlich viel Nutzen hatten. Eigentlich hatte Misaki wirklich keine große Lust sich einem hässlichen Troll gegenüber zu stellen, doch andererseits wollte sie auch stärker werden und der Gilde Gutes tun. Sie wollte ein ordentliches Leben führen, eine ehrliche Arbeit verrichten und anderen eine Hilfe sein, auch wenn sie das nach Außen hin selten zeigte. Stärker werden wollte sie im Grunde nur aus einem einzigen Grund! Sie wollte irgendwann als starke Magierin ihrer leiblichen Schwester gegenüber treten und all das nachholen, was sie ganze zwei Jahrzehnte, in welchen sie eigentlich eine Familie hätte haben können, verpasst hatte. Und dazu musste sie sich nun eben diesem Troll gegenüber stellen, ob es ihr gefiel oder nicht. Um davor einen Rückzieher zu machen reichte Misakis Eitelkeit dann doch nicht aus, zumal sie mit ihrem Ehrgeiz aufeinander prallte und dieser – manchmal sehr zum Leidwesen der Kinoshita – bei Weitem überwog.

Nach einer guten Stunde Fußmarsch hatte Misaki den Forst endlich erreicht und vernahm bereits von Weitem lautes Gebrüll und das Knirschen von umfallenden Bäumen. Sie stand hier inmitten eines Laubwaldes und sie konnte kaum etwas weniger leiden als jemand, der Laubbäumen Schaden zufügte! Sie mochte kein Öko oder Baumstreichler sein, aber sie war trotz allem ein Freund der Natur und diese zu schänden war ein Fehler, den man in Misakis Nähe nur einmal beging, bevor man nie wieder in der Lage war überhaupt irgendetwas zu tun. Sie erneutes Knurren – das Zweite für heute – verließ ihre Kehle, als sie weiter voran schritt, war sie doch kurz stehen geblieben, um sich eine Übersicht über den angerichteten Schaden zu verschaffen und blickte nun mit blutroten, gefährlich glühenden Augen auf den riesigen Klops von Troll, der es sich zwischen mehreren Bäumen bequem gemacht hatte und so dafür sorgte, dass diese sich gefährlich in verschiedene Richtungen gen Erdboden neigten. Misaki sah es bereits kommen, sie würden dem Druck kaum mehr lange standhalten können, ehe sie abknickten und umfielen. Das musste sie verhindern. Da der Troll sie bisher noch nicht bemerkt haben schien, musste sie eben auf sich aufmerksam machen, auch wenn es ihr missfiel, die Aufmerksamkeit dieses Wesens auf sich zu ziehen. „Hey, du hässliches Riesenbaby! Hier drüben bin ich!“, brüllte sie und winkte dabei auffällig mit dem rechten Arm, den linken hatte sie lässig in die Seite gestemmt. Der Troll schien ihre Stimme als auffällig genug zu empfinden, um seinen massigen Kopf in ihre Richtung zu drehen und sie eine Weile mit stumpfen Gesichtsausdruck anzustarren. Eine Augenbraue heben rief Misaki: „Was ist?! Hast du noch nie einen Menschen gesehen? Jetzt beweg deinen Arsch von den Bäumen weg, damit ich dir eine Abreibung verpassen kann!“ Ihr war durchaus bewusst, dass der Troll kein Wort von dem verstand, was sie da sagte aber es war ihr egal, solange er irgendwie darauf reagierte und sich erhob. Und tatsächlich tat er dies. Zwar waren seine Bewegungen unglaublich langsam und unerträglich phlegmatisch, was Misaki sich die Frage stellen ließ, ob sie nicht vielleicht gleich angreifen und beenden sollte, doch letztlich stand er dann auf beiden Beinen und schnaubte sie an. Hatte er endlich bemerkt, dass sie nicht hier war, um ihn zu kraulen? „Wow, ich bin stolz auf dich, du hast es geschafft“, murmelte sie in sich hinein und trat ein paar Schritte zurück, um den Troll dazu zu animieren, ihr nachzulaufen. Tatsächlich tat er einen Schritt auf sie zu und hob die rechte Faust, um sie auf die Rothaarige niedersausen zu lassen. Ohne das Gesicht zu verziehen setzte Misaki nach rechts und spürte nur den entstehenden Hauch, als die Faust an ihr vorbei flog und in den Boden knallte. Kurz bebte die Erde, doch Misaki hatte keine Zeit, sich daran aufzuhalten, sondern setzte direkt zum Gegenangriff an. „Kiryukon - Wood Dragon's Club!“, rief sie und sofort verwandelten sich ihre beiden Arme in Holz, schossen auf den Troll zu und prallten von der Seite mit voller Wucht gegen ihn, was ihn das Gleichgewicht verlieren und umkippen ließ. Mit einem dumpfen Knall landete er seitlich am Boden und wirkte ein wenig verdutzt, versuchte dann jedoch sich etwas schneller wieder aufzurappeln. Misaki fuhr ihre Arme vorerst wieder ein und brachte erneut ein paar Meter zwischen sich und den Troll, darauf wartend, was er als nächstes tat. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, wandte er sich in die Richtung Misakis und seine Augen formten sich zu Schlitzen. Er wirkte wütend und der grimmige Brüller, den er danach von sich gab verstärkte die Rothaarige nur in ihrer Vermutung. Sie hatte ihm weh getan und das konnte er unmöglich einfach so auf sich sitzen lassen. Das Brüllen verklang und er griff hinter sich, zog an einem der Bäume und riss ihn mitsamt seiner Wurzeln aus dem Erdboden. Misakis Blick veränderte sich, auch sie wirkte nun um einiges grimmiger als zuvor, offensichtlich bereit für alles. Der Troll war nun bewaffnet und er würde den Baum auch ganz sicher nutzen. Er konnte ja nicht wissen, dass er gegen einen Wood Dragon Slayer mit einem Holzstamm nur wenig Chancen besaß. Er machte ihr zwar Schaden, aber sie würde einigermaßen glimpflich davon kommen, wenn er sie damit traf. Was sie natürlich zu umgehen wusste, denn als der Troll mit dem Baumstamm ausholte, aktivierte Misaki eine weitere Technik, die sie vor diesem Angriff mit Leichtigkeit schützen sollte. „Kiryu no Shīrudo - Wood Dragon's Shield.“ Es war nicht mehr als ein leises Murmeln, doch sofort sprossen wenige Meter links und rechts von ihr Holzklötze in die Höhe, die sich über ihr miteinander verbunden und einen muschelförmigen Schild bildeten, gegen welchen der Baumstamm knallte und an welchem er daraufhin zerbarst. Misakis ließ den Schild verschwinden und stemmte erneut eine Hand in die Hüfte, ihren blutroten Blick auf den Troll fixiert, welcher nun das Ende des Baumstamms in den Händen hielt und verwundert musterte. In jeder anderen Situation und für jede andere Person wäre dieser Anblick vermutlich amüsant gewesen, doch Misaki brachte nicht einmal ein Lächeln zustande. Nicht einmal ein siegessicheres!

Der Troll musste mittlerweile eingesehen haben, dass mit der rothaarigen Magierin nicht zu spaßen war, denn nun riss er zwei Bäume aus dem Boden und nutzte sie erneut als Schlagwaffen. Die Augen verdrehend seufzte Misaki schwer und murmelte: „Armselig … wirklich armselig. Ob er irgendwann versteht, dass er mir damit nicht schaden kann?“ Der Troll wirbelte die beiden Baumstämme über seinen Kopf und setzte dann einen Fuß nach vorn, fast wie ein geübter Doppelschwertkämpfer es bei einem Angriff tat. Misaki runzelte nachdenklich die Stirn. Vielleicht war dieses Wesen ja doch viel klüger, als sie dachte. Vielleicht hatte es sie vorhin auch verstanden. Oder es hatte diese Bewegung nur schon einmal irgendwo gesehen und sein Instinkt sagte ihm nun, er solle die gleiche Bewegung vollführen, wenn er einen ordentlichen Treffer landen wollte. Es musste ein ulkiges Bild sein, wenn man die beiden betrachtete. Der Troll war gut 3m groß, während Misaki etwas über die halb so groß war. Sie standen sich gegenüber, starrten sich gegenseitig an und beide waren – mehr oder weniger – mit Holz bewaffnet, denn Misaki hatte mittlerweile ihre rechte Hand erneut in Holz verwandelt und streckte sie gen Boden aus, worauf sie sich ausfuhr, auf den Boden prallte und die Rothaarige in die Luft drückte. Und das keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment landeten die beiden Baumstämme nacheinander genau an der Stelle, wo Misaki bis eben noch gestanden hatte. Diese befand sich derweil wenige Zentimeter über der Kopfhöhe des Trolls in der Luft und setzte mit ihrem Holzarm zum finalen Angriff an. Noch immer in der Luft ließ sie den Arm genau auf den Kopf des Trolls zu sausen, der von der Wucht erneut umgehauen hatte und dieses Mal liegen blieb. Misaki hatte ihn direkt im Augen getroffen und dieses direkt durchbohrt. Sie selbst war durch den Rückstoß wenige Meter zurück geschleudert worden und landete nun grazil auf einem nahestehenden Ast. Ihr Arm normalisierte sich wieder und sie sprang vom Ast herunter, um ihr Werk aus nächster Nähe betrachten zu können. Der Troll mochte noch nicht tot sein, doch er war fürs Erste ausgenockt. Um seine Beseitigung würden sich andere kümmern dürfen. „Kiryu no Shakkuru - Wood Dragon's Chains!“, murmelte sie und ließ sie aus dem Boden Holz schießen, das sich um den Troll ringelte und ihn so am Boden festhalten würde, wenn er versuchen wollte aufzustehen. Dann warf sie ihr rotes Haar nach hinten und machte sich auf den Weg zum Haus ihres Auftraggebers. Der Himmel hatte sich noch weiter verdunkelt und der Regen würde, wie es aussah, nicht mehr lange auf sich warten lassen. So ein Sommerregen war im Grunde etwas schönes – wenn die Blumen fast ausgetrocknet waren oder die Hitze der letzten Woche nahezu unerträglich gewesen waren – aber da beides derzeit nicht zutraf, hätte Misaki auch gut gern auf Regen verzichten können. Sie war also heilfroh, wenn sie noch im Trockenen nach Magnolia Town zurückkehren und ihr neu verdientes Geld überweisen konnte, ehe sie sich ein Bad gönnte.

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