Erdgeschoss

Spoiler:

Uii, er hatte ja ganz schön anständige Manieren, musste sie sich eingestehen. Anhand der wilden Frisur und dem etwas abschreckenden Auge hatte sie den Eindruck gehabt, er wäre so ein typischer Krieger und würde auch sprechen wie einer, aber da hatte sie sich getäuscht. Er sprach sie ja sogar als "werte Dame" an.
Noch interessanter war jedoch, dass ihr Sinn für Leute die Hilfe benötigten sie wiedermal nicht getäuscht hatte. Der Mann, Jashin Chisuji Gaidoku, wie er sich vorstellte, wollte also eine Quest erledigen, hatte aber Probleme mit seinem Orientierungssinn. Die Geschichte, wie er nach Graceful Tiger marschiert war, obwohl er zu einem Krankenhaus wollte, war in der Tat eindrucksvoll, wenn auch nicht auf eine gute Art ... Aber das gab ihr die Chance, aus ihrer Langeweile zu entfliehen und eine gute Tat zu vollbringen ! Perfekt !
"Nun, da kann ich Abhilfe schaffen. Ich für meinen Teil Reise viel herum und kenne mich recht gut in Fiore aus. Und im Notfall habe ich auch immer eine Landkarte dabei. Da ich sowieso gerade nichts zu tun habe, könnte ich mich dir gerne anschließen, wenn du kein Problem damit hast. Die Wahl des Auftrags fällt dabei natürlich vollständig an dich, ich mache mit, was immer du willst. Oh, und so gerne ich auch 'werte Dame' höre, du kannst mich ruhig Robin nennen.", bot sie ihm nun lächelnd und mit fröhlicher Stimme an. Sie freute sich einfach so sehr, dass sie endlich etwas zu tun bekam, dass sie nicht einmal mit dem Lächeln hätte aufhören können, wenn sie gewollt hätte.

Weiterhin lächelnd hörte Robin der Antwort von Jashin zu. Er sagte, er fände es gut, wenn sie ihn begleiten würde und setzte dann erneut zu einem "werte Dame" an, welches er jedoch unterbrach um den korrigierten Satz auszusprechen, wo er sie Miss Robin nannte. Das klang schon viel besser. Und allein die Tatsache, dass es ihn freute, wenn sie sich ihm anschloss, war für sie ausreichend um fest zu legen, dass sie ihn auch begleiten würde.
Dann stellte er noch die Frage, ob sie irgend eine Gegenleistung erwartete, da er auch ungern ihre Hilfe ohne eine entsprechende Gegenleistung annehmen würde. Der Kerl gefiel ihr ! Selten sah man Leute, die so etwas nicht als Selbstverständlich ansahen, weshalb sie es ihm hoch anrechnete.
Einen Augenblick überlegte sie nun wirklich, ob es etwas gab, doch erst einmal war da wohl nichts weiter, was sie ihm auch gleich darauf sagte.
"Also aktuell wüsste ich nichts, aber irgendwann gibt es sicher etwas, was du auch für mich tun kannst. Außerdem benötige ich an sich keine Gegenleistung, denn ich helfe gerne, wenn jemand in irgend einer Weise unterstützung braucht.", erklärte sie ihm, weiterhin mit ihrer üblichen, guten Laune. Wenn er ihr eine Gegenleistung anbot, würde sie sicherlich nicht ablehnen, aber sie brauchte so etwas nicht unbedingt. Alleine die Genugtuung zu sehen, wie es jemandem durch ihre Hilfe gut ging, war für sie Entschädigung genug für absolut jede Mühe.

Er war wirklich ein Interessanter Kerl, da bestand kein Zweifel. Er sagte, er half anderen wohl genau so gerne wie sie es tat. Wenn das stimmte, und so kam es rüber, war er zweifellos ein guter Kerl. Das war doch wirklich etwas wert. Und wenn er ihr irgendwann etwas für ihre Hilfe zurück geben wollte, würde sie sich zweifellos nicht dagegen wehren. Ab und zu war es auch mal schön, wenn jemand ihr half und nicht umgekehrt. Deshalb nickte sie auch, als er sagte, dass sie sich an ihn wenden konnte, wenn sie je etwas bräuchte. Dann jedoch schien er sich fast zu erschrecken und nach einer eiligen Bewegung fragte er, ob sie das Auge gesehen hatte. Er wollte zudem wissen, warum sie nicht, so wie die meisten Menschen es tun würden, danach gefragt hatte, warum es so seltsam aussah. Ihr Lächeln veränderte sich nun von einem äußerst fröhlichen Lächeln zu einem sanftmütigen, als sie anfing zu erklären.
"Ja, ich sah das Auge und ich war bereits vom ersten Augenblick an daran interessiert. Da ich ein sehr wissbegieriger Mensch bin, wäre die Frage früher oder später noch gestellt worden, doch ich finde es eindeutig zu aufdringlich, sofort beim ersten Kennenlernen nach so etwas zu fragen. Ich habe schon viele Dinge gesehen und erlebt welche vielen Leuten unbekannt sind und habe Dinge gehört und gelesen, welche für mich selbst absolut undenkbar sind, also ist es für mich nicht das größte Problem, etwas wie dieses Auge erst einmal hin zu nehmen. Weißt du, ich bin die Enkelin von Rogue Cheney, dem einen Mitglied der ehemaligen Zwillingsdrachen von Sabertooth. Er hat seine Magie von einem Lacryma und von seinem Training unter einem echten Drachen. Wenn ich also ein Nachkomme von solch einer bemerkenswerten Person bin, deren Geschichte für mich fast wie ein Märchen oder dergleichen klingt, wieso sollte ich mich groß daran stören, wenn jemand etwas an sich hat, was ich nicht verstehe ? Dieses Auge mag einschüchternd sein, aber ich habe schon viele einschüchternde Dinge erlebt. Außerdem sollte man ein Buch nicht nach dem Umschlag bewerten, nicht wahr ?"

Nach ihrem langen Vortrag schien Jashin recht beeindruckt und erfreut, was er auch gleich ausdrückte, indem er sagte, dass ihre Denkweise ihm gefiel. Er begründete dies auch schnell damit, dass sie nicht so war, wie von den meisten Menschen, welche nur impulsiv und ablehnend handelten, wenn sie etwas nicht kannten. Und dann kam die Information, welche Robin doch ein wenig erschütterte. Jashin verkündete nun doch tatsächlich, dass dieses Auge ein Merkmal dafür war, dass er in der Tat ein Halbdämon war ... Sie konnte nicht so tun, als wäre sie nicht überrascht, denn zum ersten mal verflog nun ihr Lächeln und machte einem vollkommen verblüfften Gesichtsausdruck platz. Dann meinte Jashin noch, dass sie ihn daran erinnert hatte, woher er ihren Namen kannte und das sie sehr bekannt in Fiore war. Sie wurde nun doch tatsächlich ein wenig rot. Sie wusste zwar, dass sie in der Tat eine Berühmtheit war, aber dennoch war es immer etwas anderes, es direkt zu hören.
Als Jashin daraufhin wieder schwieg, fing auch Robin an zu sprechen, während sie sich mit einem Finger an ihr Kinn tippte. Das war immerhin der erste Kontakt, den sie jemals mit einem Haldbämonen hatte. Sie war zu gleich besorgt und auch erfreut darüber, wie sie sich eingestehen musste.
"Ja, ich denke ich bin schon recht bekannt. Ich habe aber auch viel dafür getan. Nicht dass ich unbedingt bekannt werden wollte, aber so ist das nunmal ... aber es ist doch äußerst interessant, was dich betrifft ... zur hälfte Mensch und zur anderen hälfte ein Teil der Dämonenbrut ... entschuldige den Ausdruck ... Ich habe bisher recht schlechte Erfahrungen mit Dämonen gemacht und nur solche kennen gelernt, welche die Menschheit verabscheut haben und sie als unterlegen und schwach ansahen und sie vernichten wollten, wodurch ich auch ehrlich gesagt leichte Vorurteile gegenüber dieser Rasse habe und sie nicht sonderlich gern mag. Ich hörte zwar Gerüchte, aber das ist nun die erste Bestätigung, die ich habe, dass Dämonen nicht durch und durch Böse sind, sondern es zumindest ab und zu auch einen Vertreter ihrer Art gibt, welcher für Menschen sympathie empfinden kann, wenn nicht sogar Liebe, so wie es aussieht. Bis gerade eben war ich stets am Zweifeln, aber du bist wohl der Beweis, mein Bester, dass ich mich eine ganze Weile lang in meiner Annahme geirrt habe. Erfahrungen sind halt doch nicht alles in dieser Welt. Es wird immer etwas geben, was einem auch die Erfahrung nicht garantiert sagen kann."
Sie blickte ihn nun mit enormer Neugier im Blick an. Sie würde nicht zu viel Fragen und in seinem Leben herum stochern, aber die Neugier hatte sie schon gepackt. Vielleicht, wenn die beiden sich besser kannten und eine Weile miteinander zu tun hatten, würde sie ihm einige Fragen stellen, was Halbdämonen betraf. Doch es wäre falsch, ihn bereits jetzt mit zu vielen Fragen in die Ecke zu drängen, wo sie sich doch kaum kannten. Doch sie hatte das Gefühl, dass hier gerade der Grundstein einer recht guten Freundschaft gelegt worden war.

Erneut lauschte Robin nun den Worten von Jashin, begierig darauf, auch ja alles zu hören, was er zu sagen hatte. Er war nun einmal anders als die meisten Leute, die sie kannte. Nicht auf eine schlechte Art, sondern viel mehr auf eine, welche die Silberhaarige faszinierte.
Sie wurde jedoch erneut ein wenig rot, als seine ersten Worte vernehmen ließen, dass er sie für etwas besonderes hielt. Komplimente erwischten sie irgendwie immer auf dem falschen Fuß, da sie sich selbst nie als etwas besonderes, sondern als ganz normal ansah. Vielleicht ein wenig intelligenter als viele andere, aber dennoch normal.
Auch seine Ausführungen über Dämonen waren sehr interessant, da er betonte, dass es ja auch die spezielle Magie gab, welche Dämonen tötete - die Devil Slayer Magie. Er sagte, sie würde immerhin auch von Dämonen stammen, weshalb es die guten Dämonen wohl schon seit einer Weile gab ... Wo er recht hatte, da hatte er nunmal recht.
"Eine äußerst interessante Ansicht ... von der ich denke, dass sie im großen und ganzen zutrifft. Ich für meinen Teil bin in antiken Sprachen bewandert und habe schon vor einigen Jahren begonnen, alte Schriften und Ruinen zu erforschen, was darin resultiert, dass ich tatsächlich bereits von Geschichten von mächtigen Dämonentötern las, welche vor vielen Jahren, mehreren Jahrhunderten um genau zu sein, erzählt wurden. Es gab sogar Zeiten, wo die Devil Slayer Magien in Familien weiter gegeben wurden, welche Pakte mit Dämonen hatten. Ich fragte mich immer, warum das so war, aber ich vermute, solche gutartigen Dämonen könnten der Grund dafür sein ... Das ist in der Tat gut möglich. Ich denke, ich werde in näherer Zukunft noch einmal ein paar alte Archive aufsuchen und die dortigen Bücher studieren, um mehr darüber zu erfahren. Aber diese Planung gehört eher weniger hier her, entschuldige bitte, dass ich das eigentliche Thema aus den Augen verlor. Aber nunja, ich finde deine Theorien und Ansichten äußerst interessant und dann steigere ich mich gern ein wenig hinein. Ich bin nun einmal eine Gelehrte durch und durch. Aber ich denke, du hast mir die Augen ein wenig mehr geöffnet, was Dämonen betrifft. Und dafür danke ich dir vielmals."

Wie es schien hatten die beiden ja doch noch mehr gemeinsam, als ursprünglich angenommen. Auch Jashin mochte gute Gespräche und bedankte sich dafür, dass er ja nun auch einige Informationen ergattert hatte, auch wenn diese nur über Robin selbst waren und nicht über irgend ein bestimmtes Thema. Aber sie musste ihm auch hier zustimmen: Informationen über eine Person waren sehr wertvoll. Sie selbst führte ja gewisser Weise eine Art Kartei, wo sie die wichtigsten Informationen über alles mögliche aufzeichnete, damit diese niemals vergessen wurden. Zudem war ihr Gedächtnis ja auch gut genug, um sich an so gut wie jede bedeutende Information zu erinnern, was diese Kartei nur als kleine Hilfe oder für andere Interessenten dastehen ließ. Aber besser, man hatte eine Absicherung, als dass man nachher etwas lebenswichtiges übersah.
Dann sprach Jashin zudem noch an, wo sie eigentlich stehen geblieben waren, bevor sie sich so angeregt unterhalten hatten. Robin musste nur einen Augenblick nachdenken, bevor sie ein wenig erschrocken schaute.
"Oh, stimmt ja. Eigentlich wollten wir ja einen kleinen Auftrag annehmen und gemeinsam bewältigen. Das hatte ich ebenfalls inzwischen schon beinahe verdrängt. Also, was genau wollen wir machen. Die Auswahl ist ja recht angenehm, wie ich finde."