Erdgeschoss

Spoiler:

cf: Reikas Zimmer

Reikas Hand mit ihrer haltend eilte Rin die Treppen hinab, die zum Erdgeschoss des Gildenhauses führten. „Guten Morgen, Gemeinde!“, trällerte sie allen Anwesenden zu, unter welchen sie Daisuke, Marissia und Aralas, sowie Yuna erkannte. Die anderen Leute befanden sich weiter hinten im Gildenhaus und durften Rins Aufmerksamkeit daher nicht ganz so stark genießen, wie die vier eben erwähnten Personen. Diesen Leuten zuwinkend ließ Rin sich an der Bar nieder und bestellte sich ein Frühstück. Reika hatte vollkommen Recht gehabt, sie hatte wunderbar geschlafen. Und das nicht nur deswegen, weil es draußen geschneit hatte – auch wenn das sicher irgendwo mit hineingespielt hatte. Aber viel eher war es Reikas Anwesenheit, die Rin ruhiger schlafen ließ, als jemals zuvor.
„Oh, meine Nacht war wunderbar. So energiegeladen wie heute habe ich mich seit langem nicht mehr gefühlt. Es gibt so viele tollt Sachen, die passiert sind, dass ich gar nicht weiß, worüber ich mich als erstes freuen soll“, lachte sie Reika entgegen und nickte dann der Kellnerin dankend zu, als sie ihr einen Teller mit Frühstück zuschob. Unauffällig ließ Rin ihre blauen Augen immer wieder über die Anwesenden wandern und musterte nun auch die Leute etwas genauer, die im hinteren Teil standen, zu welchem auch Marissia sich kurz begeben hatte, um wohl einen Questzettel abzureißen. Doch nirgendwo konnte sie Shinji erblicken. Schlief der Blondschopf vielleicht noch? Eigentlich konnte sie sich das kaum vorstellen, war er doch sonst kein Langschläfer. Etwas, was die beiden zu einem perfekten Team machte – sie beide standen gern früher auf, um den Tag länger genießen zu können.
Etwas von der Tatsache geknickt, dass ihr bester Freund sich bisher nicht hatte blicken lassen, schenkte Rin nun dem Frühstück ihre volle Aufmerksamkeit. Immerhin musste sie das so schnell wie möglich beenden, um nach draußen in den Schnee zu kommen.

Genüsslich kaute Rin auf ihrem Frühstück herum, während sie ihre Verlobte dabei beobachtete, wie diese sich zuerst mit einer Fackel sättigte und anschließend die Kamine anfachte. „Nunja, sobald Shinji hier ist werden wir entscheiden, was wir dann machen. Hauptsache, ich komme nach draußen“, entgegnete sie grinsend und leerte anschließend mit wenigen Bissen ihren Teller. Ein wenig Mitleid hatte sie schon mit Reika. Jedes Mal, wenn diese von Papierkram sprach, wirkte ihre Laune um einiges gedrückter. Rin selbst konnte sich kaum vorstellen, wie es war den ganzen Tag im Büro sitzen und über irgendwelchen Schriften hängen zu müssen. Sie wollte etwas erleben, jeden Tag woanders genießen und nicht an das Gildenhaus gefesselt sein. Aber deswegen war sie ja auch keine Gildenmeisterin geworden … uuund weil Reika wesentlich stärker war als sie, doch das ließ Rin ganz gern außer Acht.
„Wenn ich zurück bin könnten wir einfach mal einen ganzen Tag in die Stadt gehen, einkaufen, uns ein Stück ansehen, irgendetwas aufregendes oder entspannendes machen, wie du möchtest.“ Ihrer Liebsten zuzwinkernd schob Rin den leeren Teller über die Bar zurück zu der Angestellten, die diesen, sowie das Trinkgeld, das Rin dazugelegt hatte, mit einem knappen Nicken entgegen nahm. „Und vielleicht gibt es bis dahin ja wirklich aufregende Neuigkeiten zu berichten.“ Dabei sprach sie ganz klar auf Raven an, denn auch wenn Rin Zatana auf den Tod nicht ausstehen konnte, so wusste sie doch, wie viel diese Frau Reika bedeutete und wie wichtig es für diese war, die Weißhaarige zu finden. Also drückte Rin beide Daumen, dass es bald ein paar Informationen gab. „Oh und eine Hochzeit haben wir dann auch zu planen“, fügte sie schnell hinzu, um die Stimmung, die durch den vorherigen Kommentar ein wenig gedrückt wirkte, wieder aufzuheitern.

Nach einigen Herzschlägen, die Rin sich in Schweigen hüllte und überlegte, ob sie vielleicht schon einmal allein nach draußen gehen sollte, vernahm sie die Stimme Shinjis hinter sich und wandte sich breit grinsend zu dem blonden Magier um. „Shinji!“, rief sie erfreut aus, sprang von ihrem Stuhl auf und ihm um den Hals. „Gut, dass du endlich hier bist.“ Sie öffnete den Zettel, den er ihr zugeworfen hatte und überflog die Zeilen kurz. Eine Quest also. Sie würden also auf eine Quest gehen, gemeinsam, nach so langer Zeit. Endlich waren sie wieder vereint. Nicht, dass sie sich in der Zwischenzeit allzu arg gelangweilt hatte, doch sie und Shinji waren immer schon ein unschlagbares Team gewesen und jetzt, da er wieder da war, würden sie erneut durchstarten können.
„Klingt nach einer guten Gelegenheit zu sehen, ob du dich in der Zwischenzeit großartig verändert hast. Bei mir hat sich auf jeden Fall einiges verändert“, grinste sie und zwinkerte Shinji kurz zu. Dann wandte sie sich kurz an Reika. „Wir werden uns losmachen, Schatz. Aber mein Angebot steht und wenn ich zurück bin, dann machen wir uns irgendwann einen schönen Tag – nur wir beide, versprochen.“ Sie beugte sich über die Bar, gab ihrer Liebsten einen Abschiedskuss und wandte sich dann gänzlich an Shinji. „Ich bin bereit, wenn du es bist.“

Kichernd machte Rin sich in Shinjis Begleitung auf den Weg zur Ausgangstür. Als ob man auf sie aufpassen musste, sie war doch kein kleines Kind mehr. Auch wenn man das im Moment wohl denken konnte, immerhin benahm sie sich ein wenig wie ein Kind, dass es kaum erwarten konnte, ein Geschenk zu öffnen. Und ihre Augen sahen auch so aus, als würde sie direkt auf ein Geschenk starren, als sie die weiße Decke sah, die die Häuser und Straßen bedeckte. Begeistert klatschte Rin in die Hände und hüpfte nach draußen, wo sie sich kurzerhand in den Schnee fallen ließ und begann, einen Schneeengel zu machen. „Ich liebe Schnee!“, rief sie begeistert aus und kugelte sich durch die weißen Flocken, ehe sie wieder aufsprang und sich kurz schüttelte, wie ein nasser Hund. „Okay, wir können los.“ Und damit holte sie den Zettel hervor, den sie sich kurz vorm Gehen eingesteckt hatte. Eine Quest wie diese war genau das richtige, um die beiden an die alten Zeiten zu erinnern und um Vergangenes wieder auszukramen. Eine Freundschaft, die auch die lange Zeit überwunden hatte, in welcher Shinji nicht da gewesen war.

tbc: Quest